Supramolecular Assemblies

Weiterhin untersuchen wir in unserer Arbeitsgruppe in Bakterien vorkommende, supramolekulare Strukturen, sogenannte „supramolecular assemblies“. Hier konnten wir z.B. die 3D-Struktur von BacA, einem Bactofilin, mit Festkörper-NMR-Spektroskopie bestimmen. Bactofiline sind eine neue Klasse von Proteinen, welche im bakteriellen Cytoskelett vorkommen und eine Schlüsselrolle in verschiedenen zellulären Prozessen spielen. So sorgen sie bei dem Humanpathogenen Helicobacter pylori für die charakteristische helikale Form, welche essentiell für die Ansiedlung der Bakterien an der Magenschleimhaut ist. Dabei konnten wir beobachten, dass das Bactofilin eine beta-helicale Architektur besitzt (siehe Abbildung), welche vorher noch bei keinem anderen Cytoskelettfilament beschrieben wurde. Interessanterweise lassen sich außerdem Ähnlichkeiten zu dem in Pilzen vorkommenden Prionenprotein Het-s. feststellen (Vasa et al., PNAS 2015 and Shi et al., Science Advances 2015). Mit den durchgeführten Experimenten konnten wir zusätzlich einen Hybridansatz zur Strukturbestimmung etablieren: Mit Hilfe von Cryoelektronenmikroskopie-Daten wurde die Form der Außenhülle sowie die Orientierung der einzelnen Untereinheiten bestimmt, Festköper-NMR-Experimente dienten zur Definition der lokalen Sekundärstruktur, der Proteinfaltung sowie der Messung von intramolekularen Abständen und intermolekularen Kontakten. Diese Arbeitsweise ermöglichte uns weiterhin die Bestimmung einer sehr hoch aufgelösten Struktur der Nadel des Typ-III Sekretionssystems von Shigella flexneri (Demers et al., Nature Communications 2014; siehe auch  vorherige Arbeiten: Loquet et al., Nature 2012). Jüngst gelang uns die Lösung der Struktur der Schwanzröhre vom SPP1 Bakteriophagen, einem sehr großen und zudem flexiblen Makromolekül, auch unter Anwendung eigens von uns zu diesem Zweck entwickelter 4D-Experimente (e.g. Zinke et al., Angewandte Chemie 2017). Wieder konnten hier Abstandsmessungen aus Festkörper-NMR-Experimenten mit Cryo-EM Daten kombiniert werden, um eine Struktur mit atomarer Auflösung zu erhalten. Zudem erhielten wir Einsicht in die Flexibilität und Dynamik der Struktur: Im säulenartigen Aufbau sind starre, hexamerische Elemente durch flexible Linker miteinander verbunden (Zinke et al., Nature Communications 2020).